Gedanken zur geplanten Batterieverordnung der EU

Die sogenannte Batterieverordnung der EU „droht“ Herstellern wie Apple und Samsung, ihre Geräte womöglich grundlegend neu designen zu müssen. Die Verordnung sieht zwei Regeln vor, die zukünftig für alle Smartphones (und auch andere technische Geräte) gelten sollen. So soll USB-C als einheitlicher (Lade-)Anschluss zum Einsatz kommen, und Akkus sollen sich leicht mit einfachem Werkzeug selbst austauschen lassen. Ziel dieser Forderungen: mehr Nachhaltigkeit, mehr Umweltschutz.

Es sind hehre Ziele, doch ich frage mich, ob die geplanten Maßnahmen tatsächlich zielführend sind. Meine Gedanken dazu.

Die Sache mit USB-C

Die Vorstellung, dass alle Smartphones (und ja, ich persönlich schiele hier ganz besonders in Richtung iPhone) auf USB-C als Anschluss setzen, finde ich generell begrüßenswert. Apple selbst nutzt USB-C ja schon seit längerem ausgiebig in Mac und iPad. Diese Schnittstelle aber als Muss für Hersteller zu definieren, erscheint mir … fragwürdig.

Ja, Stand heute ist USB-C der Status Quo, doch das wird – aller Voraussicht nach – nicht für alle Ewigkeit so bleiben. Wir reden hier schließlich von Technik, und die entwickelt sich bekanntermaßen stetig weiter. Irgendwann wird es wohl einen Nachfolger für USB-C geben, das ist in meinen Augen mehr als sicher.

Wie wird die EU also langfristig mit dieser USB-C-Festlegung verfahren? Prüft sie regelmäßig neue Anschlussmöglichkeiten und aktualisiert entsprechend ihren Anforderungskatalog? Wie lange wird dieser Prozess dauern? Apple hat nicht ganz unrecht, wenn sie argumentieren, dieses Eingreifen verhindert Innovationen.

Lightning ist hier ein schönes Beispiel. Diese eigens von Apple entwickelte Schnittstelle kam erstmals 2012 zum Einsatz, noch vor Fertigstellung der ersten Spezifikation von USB-C. Apple hat mit Lightning also etwas geschaffen, was sie (wenigstens zum damaligen Zeitpunkt) so gebraucht haben. Solche Eigenentwicklungen werden mit der neuen Verordnung aber per se unmöglich, selbst wenn sie gegebenenfalls angebracht wären (wie anno 2012 im genannten Fall von Lightning).

Auch andere Optimierungen zwecks Anschluss sind ausgeschlossen. Eine Art MagSafe-Variante, wie man sie von den alten und neuen MacBook Pro kennt, würde es nicht geben können.

Natürlich sind das alles theoretische Konstrukte, doch jene Konstrukte sind gleichzeitig nicht von der Hand zu weisen. Und am Ende bleibt nur die Frage: Führt der USB-C-Zwang tatsächlich zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz?

Wechselbare Batterie: Der heilige Gral der Nachhaltigkeit?

Noch spannender ist natürlich der geplante Umgang mit der Batterie, der der Verordnung ihren Namen gibt. Hersteller müssen demnach den Akkuwechsel mit einfachem Werkzeug ermöglichen.

Den Akku selbst beim iPhone wechseln können? Für mich wäre das ein nettes Gimmick, aber tatsächlich nicht sonderlich relevant. Das hat diverse Gründe.

Erstens ist der Klassiker: Der iPhone-Akku lässt sich heute bereits tauschen. Ja, es ist nicht so trivial, dass ich das selbst durchführen kann (und selbst mit Apples neuem Self-Repair-Programm würde ich es nicht selbst durchführen wollen). Aber Werkstätten können das, ohne dafür Unsummen in Rechnung zu stellen. Das Vorgehen ist aufwendiger als ein einfacher Wechsel, keine Frage, aber es ist nicht unmöglich.

Zweitens ist auch spannend: Meine Mutter nutzt heute noch mein ehemaliges iPhone X von 2017. Es besitzt noch den Originalakku und läuft damit mehr als ausreichend. Klar könnte ein Akkuwechsel heute noch mal mehr aus dem Gerät herausholen, aber das ist schlicht nicht nötig. Und was ist besser als ein einfach zu wechselnder Akku? Richtig, gar kein Akkuwechsel. Solange das iPhone X also noch reibungslos läuft, ist alles okay.

Und drittens: Wenn ein iPhone entweder wirklich unbrauchbar sein sollte oder ich ein Gerät auf Gedeih und Verderb nicht mehr brauche, kann ich es recyceln lassen. Dieser Schritt im Lebenszyklus von Produkten ändert sich auch nicht mit einem wechselbaren Akku. Geräte, die zuhause oder im Büro in Schubladen ungenutzt vor sich hin vegetieren, stellen für Nachhaltigkeit und Umweltschutz diesbezüglich ein wesentlich größeres Problem dar.

Und hier komme ich auch zum abschließenden Punkt: Letztlich kommt es bei diesem Thema auf die Eigenverantwortung des Einzelnen an. Geräte möglichst lange nutzen? Ordentlich recyceln? Das gilt und geht auch heute schon.

Wird ein wechselbarer Akku dazu führen, dass Nutzer, die momentan jährlich oder alle zwei Jahre ein neues Smartphone ihr Eigen nennen, dieses Konsumverhalten ändern? Wohl kaum. Führt die Möglichkeit des einfachen Akkuwechsels dazu, das Geräte längere Zeit als bisher genutzt werden, obwohl es bereits Möglichkeiten gibt, den Akku tauschen zu lassen? Puh.

Eine insgesamt höhere Reparierbarkeit von Geräten halte ich da für einen schon durchaus relevanteren und nachhaltigeren Aspekt, den ich auch sehr unterstütze. Gerade Apple hat hier einiges an Nachholbedarf, und das betrifft deren gesamte Produktpalette. Insbesondere die AirPods (Pro) sind hier als Negativbeispiel aufzuführen, da quasi nicht reparierbar. Auch die teils schlechte Reparierbarkeit von MacBooks ist definitiv verbesserungswürdig. Aber rechtfertigt das diese Vorgaben?

Andere Fronten und Nutzungsverhalten

Ein Hersteller wie Apple kämpft stattdessen an anderen Fronten: Software-Updates versorgen auch ältere Geräte über Jahre mit neuen Funktionen und Sicherheits-Patches (iOS 15 läuft aktuell noch auf dem 2015 erschienen iPhone 6s), ein oben beschriebener Akkutausch macht die Geräte auch heute noch für das Groß der Maße zu vollkommen ausreichenden Smartphones. Den Energieverbrauch der Produkte gering zu halten, hat ebenfalls nachhaltige Auswirkungen; auch das ist eine Disziplin, in der Apple glänzen kann. Und bei der Herstellung der Geräte auf recycelte Materialen zu setzen, dürfte für die Umwelt ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt sein (ich sage nur: Antennenleitungen aus recycelten Wasserflaschen; interessant, Apple).

Ich verstehe, was die EU mit ihren Forderungen beabsichtigt. Wie eingangs geschrieben: Es sind hehre Ziele. Aber ich frage mich, ob sie an der richtigen Front kämpfen, wenn das Konsumverhalten der Nutzer das gleiche bleibt wie bisher oder – im schlimmsten Fall – Wechselakkus nicht ordnungsgemäß recycelt werden und sich in Schubladen ansammeln.

Letztlich ist es für mich als Konsument und Nutzer irrelevant, welche Forderungen die EU an die Hersteller stellt. Apple, Samsung, Xiaomi und Co. müssen – wenn die Batterieverordnung durchgeht – mit den Konsequenzen leben und ihre Geräte (wenigstens für den europäischen Markt) entsprechend anpassen. Punkt. End of story. Aber ob das den großen Clou für mehr Nachhaltigkeit und besseren Umweltschutz bedeutet? Ob es das Nutzungsverhalten zum positiven hin beeinflusst?

Ich persönlich nutze meine Geräte auch weiterhin lange und stelle sicher, dass sie am Ende meiner Nutzungszeit entweder einen neuen Besitzer finden oder recycelt werden. Daran wird sich nichts ändern, auch nicht mit USB-C als Standardschnittstelle und wechselbaren Akkus.

Was denkt ihr? Haltet ihr die klaren Vorgaben der EU für gut und richtig? Sind sie zielführend? Oder sollten die Hersteller weiterhin ihre Produkte nach eigenem Gusto entwickeln dürfen? Ich freue mich auf den Austausch zu diesem (in meinen Augen) durchaus spannenden Thema. 🙂

Euer Thomas


Kommentare

Eine Antwort zu „Gedanken zur geplanten Batterieverordnung der EU“

  1. Avatar von Sergio
    Sergio

    Mein ipad pro II von 2017 hat jetzt eine batteriedauer von nur 3 stunden. Ich wurde gerne die batterie selber wechseln wenn es möglich und einfach wäre.

    Finde die verordnung grundsätzlich gut aber mit den heutigen dünnen geräte wird schwierig sie umzusetzen.

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